Im Juli 2009 wurde mit der Abdeckung des Geländes am Holmer Noor begonnen, auf dem die ehemalige Lederfabrik Knecht & Wördemann (1906-1958) ihre Klärbecken hatte. Im Boden des Geländes sollen sich nach Gutachter-Untersuchungen giftige Chrom- und Arsensalze befinden. Weiterhin steht die ehemalige Lederfabrik im Verdacht, Milzbrand-Erreger in das Abwasser geleitet zu haben.
Diese Abwässer wurden zunächst direkt in das Holmer Noor und somit in die Schlei geleitet. Später wurden von der Lederfabrik Klärbecken errichtet, in denen sich zumindest der Schlamm absetzten konnten, bevor die Abwässer ins Holmer Noor gelangten.
2 – Holmer Noor
3 – Sanierungsgebiet, ehem. Klärbecken nördl. Bereich,
ehem. Kleinkaliberschiestand der Kaserne, südl.Bereich
4 – Sportplatz vom dänischen Gymnasium
Die Abdeckung des Klärbecken-Geländes mit einem Geo-Textil ist nur eine Notlösung aus finanziellen Gründen. Während die Kosten für die Vlies-Abdeckung mit 300.000 Euro angegeben werden, würde ein kompletter Austausch des Bodens Kosten in zweistelliger Millionenhöhe verursachen.
Aus diesem Grunde wird das Gelände nur profiliert, das Geo-Textil verlegt und anschließend eine Schicht unbelasteter Boden aufgetragen.
Das jetztige Abdeckungsgebiet ist aber nur ein kleiner Teil des Bereiches vom Holmer Noor, in dem die Abwässer der Lederfabrik gelangt sind. Tatsächlich gelangte das Abwasser der Lederfabrik in das gesamte Holmer Noor, bevor es über einen Graben in die Schlei geleitet wurde.
So heißt es z.B. in einem biologischen Gutachten über das Holmer Noor aus dem Jahre 1906 !!, das “das Holmer Noor heutzutage nur noch ein Schlammbecken ist.” Diese Verschlammung wurde hervorgerufen durch die organischen Abwässer der Lederfabrik Knecht & Wördemann. Durch das Einleiten der Abwässer sank der Sauerstoffgehalt im Holmer Noor so stark, daß die Gefahr bestand, das die Fische im Noor an Erstickung starben. In dem Gutachten wird festgehalten, daß das “Holmer Noor durch die Verunreinigungen vollkommen entwertet ist im Sinne der modernen Fischerei”.
Die Abwässer der Lederfabrik führten zu einem jahrzehntelangen Streit zwischen der Lederfabrik und den Holmer Fischern. Die Lederfabrik leistete Ausgleichszahlungen an die Holmer Fischer aufgrund von durch Abwässer verursachtes Fischsterben und die damit verbundenen Einkommensverluste der Fischer.
So erhält die Holmer Fischerzunft im Dezember 1910 eine Abfindungssumme in Höhe von 3300 Mark, im Gegenzug verzichten die Holmer Fischer auf Ansprüche, die sich aus der Verunreinigung der Noores ergeben.
Am 25.August 1931 bemerkten Mitglieder der Holmer Fischerzunft ein massives Fischsterben in der Kleinen Breite. Es trieben dort tote Heringe, Stinte, Brassen, Zandern, Hechte und Plötze.
Als Ursache werden die beiden Schleswiger Lederfabriken sowie die große Exportschlachterei genannt, da alle drei Betriebe ihre Abwässer direkt in die Schlei leiten.
Die Hauptursache dieses Fischsterben lag aber bei “der einen der beiden Fabriken, die in das Holmer Noor entwässert und diesen kleinen See im Laufe der Jahre aus einem Fischwasser zu einem großen Klärbecken gemacht hat.” Bedingt durch die Reinigung und Ausschachtung der Klärbecken wurden größere Mengen Abwässer in die Schlei geleitet, sodaß “die in diesem Gebiete von anderen Industrieanlagen stark geschwächte Schlei … dieser Summierung nicht standhalten” konnte.
Weiter heißt es, daß “in einem Umkreis von 100-150 m durch die Einleitung von Abwässern das Tierleben so gut wie vernichtet ist und der Boden selbst mit einem schwarzen stinkenden, faulenden Schlamm bedeckt” ist.
Die Mitarbeiter der Lederfabrik haben sich anscheinend nicht genügend um den Betriebszustand der Klärbecken gekümmert, so wird bei einer Besichtigung, an der Vertreter des Magistrats, des Bauamtes, der Gewerbeaufsicht, der Holmer Fischerzunft sowie der damalige Direktor der Lederfabrik, Herr Petersen, im Jahr 1932 festgestellt :
“Die Klärung der Abwässer der Fabrik geschieht in 2 Gruppen von Klärbecken, von denen die bis zuletzt noch benutzte Gruppe derartig überfüllt war, daß eine Aufnahmefähigkeit nicht mehr gewährleistet war. Augenscheinlich ist dieses System also viel zu lange ohne Reinigung benutzt worden.
Auch das zweite System, von denen 2 Absetzbecken zuvor gereinigt worden waren, war gleichfalls weit über das Zuträgliche hinaus benutzt worden.”
1 – Holmer Noor, geteilt durch den Holmer Noor Weg
2 – Fabrik Knecht & Wördemann
3 – Einfluss Mühlenbach ins Noor
4 – Ausfluss in Fischbrückgraben
5 – Ausfluss in Schlei
6 – Die Freiheit
Auf dem o.a. Lageplan sind die Zu- und Abflüsse des Holmer Noores zu erkennen. Ein weiterer Abwasserlieferant für das Noor war der Mühlenbach, der ins Noor mündet. So heißt es in einem Registratur-Vermerk aus dem Jahr 1908 über den Mühlenbach :
“Im Norden mündet ins Noor der Mühlenbach, welcher das Gebiet nördlich der Stadt entwässert, das Terrain der Irrenanstalt und den Polierteich passiert und auf seinem Wege durch die Stadt Schmutzwässer in reichlicher Menge aufnimmt; er führte infolge der starken Niederschläge der vorangegangenen Nacht reichlich Wasser, die Verunreinigung mit häuslichen Abwässer war deutlich erkennbar.”
Das Holmer Noor war somit nicht nur ein “Sammelbecken” für die Abwässer der Lederfabrik, sondern es nahm auch die Abwässer auf, die der Mühlenbach mitführte. Über zwei Ausflüsse gelangten dann die Abwässer in die Schlei, zum einen über einen Ablauf in Richtung Fischbrückgraben und zum anderen über einen Ablaufgraben durch die “graue Wiese” auf der Freiheit. Durch diesen Graben ist das Holmer Noor auch noch heute mit der Schlei verbunden.
Quelle : LVermA S-HDeutlich erkennt man die großen Hallen der Lederfabrik (helles Gebäude),
südlich davon liegen die Klärbecken.
Zwischen der Fabrik und den Klärbecken verläuft die Kreisbahntrasse.
Rechts unten im Bild ein Teil der KFZ-Hallen des ehemaligen Seefliegerhorstes.
Einen Einblick in die Firmengeschichte der Lederfabrik gibt Herr Dr.Falk Ritter in seinem Aufsatz über die “Die Schleswiger Familie und Lederfabrik Gebr. Wiengreen & Firjahn 1681 – 2004” unter dem Abs. 19 – Die andere Schleswiger Lederfabrik “Knecht & Wördemann”.
Fotos von der Sanierung
Dieser Bereich wurde zuletzt vom Bauhof als Lagerplatz verwendet.
Der Bereich, der vom Bauhof verwendet wurde,
wurde mit Bauschutt aufgefüllt.
Zulauf der ehem. Klärbecken
Die alten Klärbecken sind noch teilweise erkennbar.
Ehem. Klärbecken der Lederfabrik.
Blick auf die ehem. Lederfabrik.
Sanierungsbeginn.
Erfassung, Kategorisierung und Bewertung der Milzbrandgefährdungen an Fließgewässern
in Schleswig-Holstein durch ledererzeugende Betriebe, März 2007
Gutachten des Prof.Dr. P.Schiemenz vom 21.12.1906
Fischerei-Zeitung 13.09.1931, GA Sl-FL