Soweit mir bekannt ist, gibt es bisher noch keine veröffentlichte Ausarbeitung über die Geschichte des ehemaligen Garnison-Lazaretts. Daher kannn ich an dieser Stelle nur die Daten übernehmen, die auch schon an anderer Stelle veröffentlicht wurden.Die Geschichte des Gebäudes in Stichworten : – gebaut 1851 als Garnisonslazarett mit 88 Betten für Offiziere und Garnisonsangestellte – 1864 im deutsch-dänischen Krieg als österreichisches Feldspital verwendet – 1866 im deutsch-österreichischen Krieg Verwendung als preußisches Reservelazarett II – im 2.Weltkrieg Standort Reservelazarett I – ab 1946 Gynäkologie und Kinderabteilung des Städtischen Krankenhauses – ab 1952 Umbau zum Landesjugendheim, Schließung 1993 – Nutzung als Justizvollzugschule – Leerstand ab 2004 – Dachstuhlbrand 2007 – mehrere Eigentümerwechsel – Sanierungsbeginn August 2010 1. Auszug aus dem Denkmalschutzbericht des Landesamtes für DenkmalpflegeBereits während des schleswig-holsteinisch-dänischen Krieges 1848-50 richtete die dänische Heeresleitung im Schloß Gottorf ein Behelfs-Lazarett ein. Nach Beendigung des Krieges wurde der gesamte Schloßbereich ab 1851 als Kasernenanlage umgebaut. In diesem Zuge entstand auf der obersten Terasse des einstigen Gottorfer Gartens der Neubau eines Garnisonslazarett mit allen Erfordernissen derzeitiger Hygiene und 88 Mannschaftsbetten neben den erforderlichen Zimmern für erkrankte Offiziere und Garnisonsangestellte (Planung: Baukondukteur Bondo 1854/56). Diese Einrichtung erfuhr schon bald seine Bewährungsprobe im deutsch-dänischen Krieg 1864, wurde im Zuge der allierten Eroberungen in das österreichische Feldspital Nr.12 eingegliedert und nach dem deutsch-österreichischen Krieg 1866 als preußisches Reservelazarett II weitergeführt.Dieses Lazarettgebäude ist als bemerkenswertes Beispiel dänischer Militärarchitektur von hoher Bauqualität anzusehen, das von österreichischer wie von preußischer Seite in seiner ursprünglichen Funktion übernommen wurde. Es macht damit historische Ereignisse einer für die schlesg-holsteinische Landesgeschichte besonders bedeutsamen Zeit anschaulich, während die Entwicklung des Militärlazarettwesens im Lande noch weitgehend unerforscht ist. Das Garnisonslazarett muß daher als Kulturdenkmal eingeschätzt werden, das aufgrund seines geschichtlichen und wissenschaftlichen Wertes von besonderer Bedeutung ist. Das Gebäude mit den Baracken in den 50/60er Jahren. Das Gebäude mit dem Verbindungsgang und dem Nebenhaus.
2. Das Feldspital 1864Über das Kriegsjahr 1864 schreibt Heinrich Philippsen : Bei Beginn des Krieges wurden Teile des Schlosses Gottorf und des Rathauses, ferner das damalige Domschulgebäude, wie der diesem benachbarte “Bischofshof” und die sog. Waisenhausschule, und daneben das “Jäger-Hospital”, wie auch “Scheers-Hof” im Friedrichsberg zu Lazaretten eingerichtet. Philippsen schreibt über die Ankunft der Verwundeten in Schleswig: “In der Nacht vom 6. auf den 7. Februar trafen den auch von dort her die ersten Gefährte mit Verwundeten in Schleswig ein. Sie kamen von Oeversee, wo der Kampf gestanden hatte. Auf Bauernwagen, notdürftig in Stroh und Decken gehüllt lagen Freund und Feind nebeneinander gebettet, mit blutenden Gliedern und keuchender Brust, vor Kälte zitternd, viele bereits eine sichere Beute des Todes. Major Ernst Entner vom Regiment “König der Belgier”, ein Held aus den Schlachten von Magenta und Solferino, gehörte ebenfalls zu den bei Oeversee Schwerverwundeten. Er war im Garnisonlazarett Neuwerk (Paulihof) untergebracht, wo er bis zum 25.März 1864 litt, bevor ihn der Tod erlöste. Seine Gemahlin, die aus Österreich herbeigeeilt war, hatte treu an seinem Krankenbett gewaltet und ihm seine Schmerzen nach Möglichkeit erleichtert, sie begleitete auch seine Leiche zur Gruft, die auf dem Militärkirchhof im Neuwerk neben dem Haupteingang liegt.
Die Grabstätte des Major Ernst Entner im Jahr 2008. Weiter schreibt Philippsen: Nach dem deutsch-österreichischen Krieg 1866 wurde das Garnisonlazarett Tiergarten als preußisches Reservelazarett II weitergeführt.
3. Versorgungskrankenhaus und FamilienwohnungenIm Jahr 1926 wird das Garnisonslazarett in der Gebäudeakte als “Versorgungskrankenhaus Schleswig” bezeichnet. In diesem Jahr wurde das Gebäude teilweise umgebaut und ein Verbindungsbau zwischen dem Hauptgebäude und der massiven Krankenbaracke errichtet.
Lageplan 1926. In dem Lageplan von 1926 sind der Verbindungsbau und der Brennstoffkeller rot eingezeichnet. Nordöstlich des Brennstoffkeller steht das Leichenhaus mit einem Sezierraum. Aud dem Plan sind insgesamt vier weitere Liegehallen verzeichnet, eine westlich der Massivbaracke und drei südöstlich des Hauptgebäudes. Über die Ausführung und Bauzeit der Liegehallen sind z.Zt. keine Angaben bekannt. Die Räumlichkeiten des Versorgungskrankenhauses 1926 : Das Hauptgebäude – Kellergeschoß : Das Hauptgebäude – Erdgeschoß : Das Hauptgebäude – Obergeschoß : Das Hauptgebäude – Dachgeschoß : Die Massivbaracke : Der Verbindungsbau : Grundriß Leichenhaus 1926. Während der Zeit des Landesjugendheimes war in diesem Gebäude die Schlosserei untergebracht. 1971 erfolgte der Abbruch mit “heimeigenen Kräften”. Das Leichenhaus : 1927 wurden südlich des Hauptgebäudes 2 Massivliegehallen errichtet, offenbar reichten die Räumlichkeiten im Hauptgebäude für die Unterbringung der Patienten nicht mehr aus. Somit standen insgesamt 6 Liegehallen auf dem Gelände des Versorgungskrankenhaus Tiergarten. Die Liegehallen in den 1930er Jahren. Im Jahr 1932 erfolgte erneut ein massiver Umbau des Krankenhausgebäudes. Scheinbar wurde in dieser Zeit der Krankenhausbetrieb deutlich verkleinert, denn im Hauptgebäude wurden Familienwohnungen eingebaut. Lediglich einige Räume im Erdgesschoß und die Massivbaracke wurden als Krankenhaus verwendet. Die Heersstandortverwaltung Schleswig betrachtete es als notwendig, in dem ehemaligen Versorgungskrankenhaus Tiergarten Wohnungen zu schaffen für verheiratete Unteroffiziere und Mannschaften, die im benachbarten Schloß Gottorf stationiert waren.
4. Das Baracken-Lager1938 wurde südlich der Liegehallen auf dem Gelände des ehemligen Reitplatzes ein Barackenlager errichtet. Die drei militärisch genutzten Mannschaftsbaracken boten Unterkunft für bis zu 50 Personen. Für die Abwässer der Aborte wurde eine eigene Kläranlage östlich der Baracken gebaut, das geklärte Abwasser wurde anschließend in einen Sickerschacht geleitet. Lageplan 1938. Das Barackenlager ist rot eingezeichnet. In den Baracken wurden Mannschaften und San-Schüler untergebracht, die Räumlichkeiten waren zur Unterbringung von 34 San-Schülern ausgelegt. In der großen Mannschaftsbaracke ist der Raum Nr.16 als “Kinder-Schlafzimmer Prof.Dr.Jacobi” bezeichnet. Handschriftlich wurde die Bezeichnung “6 San.Schüler” hinzugefügt. Prof.Dr.Jacobi hat ab 1946 die Frauenabteilung des Krankenhauses Tiergarten geleitet. Offensichtlich war er schon 1938 im Lazarett als Arzt tätig. Warum in einer Baracke für San-Schüler für ihn ein Kinder-Schlafzimmer eingerichtet werden sollte, ist mir nicht bekannt.
Grundriß Mannschaftbaracke. Raum 16 ist als “Kinder-Schlafzimmer Prof.Dr.Jacobi” bezeichnet. Eine der Baracken von 1938 im Tiergarten. In den 50/60er Jahren waren noch die Liegehallen und die große Mannschaftsbaracke vorhanden.
5. Das Reserve-Lazarett IIm 2.Weltkrieg war in dem Gebäude Paulihof 2 das Resevelazarett I untergebracht. Das Reservelazarett I in Schleswig war im Paulihof 2 in Schleswig untergebracht und hatte eine Kapazität von 110 Betten.
Das Lazarett in den 1940er Jahren. Insgesamt gab es während des II.Weltkrieges drei Reservelazarette in Schleswig : – Reservelazarett I Tiergarten
6. Die Frauenabteilung des KrankenhausesIm September 1948 wird zwischen dem Eigentümer des Lazaretts, dem Deutschen Reich – Britische Zone – vetreten durch den Oberfinanzpräsidenten Schleswig-Holstein in Kiel und der Stadt Schleswig ein Pachtvertrag geschlossen. Mit diesem Vetrag wurde das Lazarett rückwirkend zum 1. März 1946 – dem Zeitpunkt der Betriebseröffnung des Krankenhauses durch den Pächter – an die Stadt Schleswig verpachtet. Im Jahre 1948 war das Gewese Paulihof wie folgt bebaut : – Hauptgebäude Das Gewese Paulihof im Jahr 1948.
Im Dezember 2008 sind von den o.g. Bauten nur noch das Hauptgebäude, die Massivbaracke sowie die Kraftfahrzeughalle vorhanden. Alle anderen Bauten wurden im Laufe der Jahrzehnte abgebrochen. In dem Buch “100 Jahre Krankenhaus Schleswig” heißt es: Weiter heißt es in dem Buch : “Die meisten Aufnahmen 1953 verzeichnet die Frauenstation der städtischen Krankenanstalten Tiergarten.
7. Landesjugendheim 1952-1993In dem Buch “Schleswig 1945-62” heißt es zur Landesjugendanstalt : “1952 – Das Landesjugendheim erhielt im Herbst des Jahres das ehemalige Reservelazarett II und den Hof Königswill sowie die alte Ziegelei, insgesamt 70 ha für rd. 300 Jugendliche; nach dem Fortgang des englischen Residenzoffiziers kam auch der Besitz Paulihof 1 hinzu.” Die Postkarte um 1900 zeigt das Anwesen Paulyhof 1.
Urpsrünglich im Besitz der alten Schleswiger Familie Harmsen, nach dem 2. Weltkrieg Unterkunft des englischen Residenzoffiziers. Später gehörte das Anwesen zum Landesjugendheim. 8. Großfeuer im Oktober 2007Am 18.Oktober 2007 brannte der Dachstuhl des Mitteltraktes vom Hauptgebäude. Als gegen 6 Uhr morgens die Feuerwehr eintraf, brannte der Dachstuhl schon seit mindestens 2 Stunden. Die Löscharbeiten wurden gegen 10.20 Uhr beendet. Der Mittelteil des Gebäudes wurde durch das Feuer so stark beschädigt, daß Einsturzgefahr besteht. Als Ursache des Feuers wird eine Brandstiftung vermutet. 9. Die Brandruine 2007-2010Bis Ende 2003 wurde das Gebäude vom Justizministerium als Justizvollzugschule verwendet. Im Jahre 2005 erwirbt eine dänische Fondgesellschaft mit Sitz in Kopenhagen das Anwesen für ca. 3,4 Millionen Euro.
Der Toilettenanbau. Ansicht von Norden. Der Verbindungsbau aus dem Jahr 1926, rechts das Hauptgebäude. Ansicht von Süden. Nachdem die Seniorenresidenz Stampfmühle von dem Bauunternehmer Udo Wagner im März 2007 fertiggestellt wurde, war in Schleswig kein weiterer Bedarf an Altenpflegeheimen vorhanden, der weitere Ausbau des Paulihofs zum Altenpflegeheim wäre unwirtschaftlich gewesen. Im September 2009 berichten die Schleswiger Nachrichten, dass mittlerweile der Bauunternehmer Udo Wagner aus Tetenhusen wieder Eigentümer des Gebäudes ist. Wagner hatte 2005 den Paulihof an eine dänische Fondsgesellschaft verkauft, der Verkauf wurde inzwischen rückabgewickelt. Die denkmalgeschützte Brandruine ist seit dem Großfeuer 2007 sich selbst überlassen und verfällt langsam. Obwohl das Gebäude einsturzgefährdet ist, wird es weiterhin von Obdachlosen und “Geisterjägern” aufgesucht. Im Dezember 2009 werden von den Schleswiger Nachrichten zwei neue Nutzungsmöglichkeiten für die Brandruine genannt. Zum einen hat das Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte ein Interesse an dem Grundstück. Während der mittlerweile pensionierte Direktor des Landesmuseums Dr. Guratzsch im Jahr 2002 aufgrund zu erwartender hoher Folgekosten den Erwerb des Gebäudes durch das Landesmuseum abgelehnt hat, bewertet sein Nachfolger, Dr. Fitschen, die Sachlage heute anders. Um den Barockgarten zu vergrößern, hat Dr. Fitschen nun ein Interesse daran, die Brandruine für das Landesmuseum zu erwerben.
10. Sanierungsbeginn August 2010Im Juli 2010 hat das Gebäude erneut den Eigentümer gewechselt. Der 52-jährige Unternehmer Michael Fey aus Lürschau, Inhaber der Firma HADIKO WIND in Schuby, hat die Brandruine erworben um sie komplett zu sanieren. Pläne für eine weitere Verwendung dieses denkmalgeschützten Hauses wurden in den vergangenen Jahren von den jeweiligen Eigentümern desöfteren geschmiedet. Bisher sind keine der Ideen realisiert worden, das alte Lazarettgebäude war nach dem Großbrand 2007 dem Verfall ausgesetzt. Stand : 07.04.11
Quellen: Schleswiger Nachrichten 24.10.2005, 19.10.2007, 24.10.2008, 04,09.09, 23.12.09, 08.10.10
Heinrich Philippsen, Alt-Schleswig Harald Jenner, 100 Jahre Krankenhaus Schleswig Theo Christiansen, Schleswig und die Schleswiger 1945-1962 Theo Christiansen, Gruss aus Schleswig August Reimers, Das Husaren-Regiment Nr. 16 Gebäudeakte Paulihof 2
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Fotos2007
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