Von einem Besucher der “alten-schleihalle” wurde ich gefragt, ob das folgende Foto in Schleswig aufgenommen wurde. Zunächst waren mir die Gebäude auf dem Bild unbekannt, auch der Straßenzug sagte mir nichts. Unabhängig voneinander haben wir durch weitere Befragungen herausgefunden, dass das Foto die Hühnerhäuser-Kreuzung zeigt.
Die Aufnahme müßte zwischen 1933 und 1945 entstanden sein, es zeigt Rekruten, die das Marschieren im Gleichschritt üben. Aufgenommen wurde es von der Schubystraße aus, mit dem Blick in die Flensburger Straße in Richtung Real. Rechts im Bild befindet sich heute der Parkplatz der Firma Matthies Autoteile. Das Haus im Hintergrund (Flensburger Straße 82) ist bis heute erhalten geblieben.
Unklar allerdings blieb vorerst das Gebäude mit dem kleinem Turm. Die weitere Recherche brachte leider keine vollständige Erklärung.
Das kleine Gebäude neben dem Turm war ein altes Spritzenhaus der freiwilligen Turner-Feuerwehr Schleswig. Ob der Turm zum Spritzenhaus dazugehörte, oder ob er eine andere, bisher unbekannte Funktion hatte, konnte nicht ermittelt werden. In dem Jahresbericht von 1880/81 der freiwilligen Turner-Feuerwehr heißt es, dass die städtischen Collegien den Bau eines Spritzenhauses in den Hühnerhäusern beschlossen haben. Allerdings war die Ausstattung der Feuerwehr so defizitär, dass der Hauptmann der Freiwilligen Turner-Feuerwehr, Peschke, im November 1886 sich mit einem Brief an die städtischen Collegien wandte, in dem er auf die schlechte Ausstattung der Feuerwehr hingewiesen hat :
“Schleswig, 30.November 1886
Den verehrlichen städtischen Collegien beehren wir uns, das Nachstehende ganz ergebenst vorzutragen :
Nachdem im Jahr 1879 der Kleinhesterberg der Stadt Schleswig einverleibth wurde und bald darauf hier sowohl wie in den nahegelegenen Hühnerhäusern viele neue Gebäude entstanden, trath auch die Nothwendigkeit, einer Feuersgefahr rasch und wirksam zu begegnen, immer ernster heran. Es wurde dann auch in den Hühnerhäusern ein neues Spritzenhaus erbauth und darin eine der früher ausrangirten s.g. Kammerspritzen, nachdem dieseselbe in Stand gesetzt wurden, aufgestellt. Zur Bedienung der Spritze bildete sich eine neue Rotte freiw. Feuerwehrleute. Das Interesse der Feuerwehrleute erlahmte jedoch bald, weil die Spritze, welche nur als Druckspritze zu verwenden, wenig leistungsfähig war und vor einiger Zeith total unbrauchbar geworden, indem das Gestell gänzlich morsch und nicht mehr von der Stelle gefahren werden kann. Die sämtlichen freiw. Feuerwehrleute sind in Folge bis auf 2 wieder ausgeschieden.
Die Neuanschaffung einer Spritze für die Hühnerhäuser und Umgegend ist nunmehr zur dringenden Nothwendigkeit geworden. Das Interesse der Bewohner wird sich sofort wieder beleben, wenn ihnen eine Spritze gestellt wird, die zweckentsprechend und leistungsfähig ist. Wir bitten demnach dringend recht bald die erforderlichen Kosten für eine neue Spritze etc. bewilligen zu wollen.
Die Spritze würde Kosten….750 M
Dazu 200 Fuß gummirte Hanfschläuche a 1M50….300 M
4 Bajonnetverschraubungen a 6 M….24 M
Peschke (Hauptmann) Jacobsen (Schriftführer)”
Es hat noch fast ein Jahr gedauert, bis das neue Gerät für das Spritzenhaus Hühnerhäuser angeschafft wurde. Die Abnahme der neuen Spritze, die die Stadt der Feuerwehr geschenkt hat, erfolgte im Oktober 1887.
Wie lange nun die Feuerwehr ihr Spritzenhaus an den Hühnerhäusern genutzt hat, ist unklar. Erst im Jahr 1955 gibt es eine kurze, handschriftliche Aktennotiz bezüglich des alten Spritzenhauses. Es heißt :” 25.Juli 1955 – Den mir zum Abbruch überlassenen Feuerwehrgeräteschuppen habe ich ordnungsgemäß abgebrochen und die Baustelle eingeebnet und gereinigt. Der noch umherliegende Bauschutt dürfte vom Postturm stammen.”
Nach dieser Formulierung wurde der Turm scheinbar eine zeitlang von der Post genutzt und umgangssprachlich als “Postturm” bezeichnet. Allerdings gibt es wohl keine weiteren Aufzeichnungen bezüglich des Turmes.
Der Standort des alten Spritzenhauses ist rot markiert.
Die Soldaten marschieren die Flensburger Straße hinunter, links
das Feinkost- und Lebensmittelgeschäft mit Gastwirtschaft von Carl Andresen,
Flensburger Straße 39.
Weitere Infos zur Geschichte der Freiwillige Feuerwehr Schleswig sind auf dieser Seite zu finden.